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Filmreviews

Charlie’s Angels, 2019 – ★★★

Für einen Action-Film bestehen viele Szenen einfach nur aus Leuten die lässig in einer Lounge chillen und den Plot diskutieren. Davon abgesehen mega Spaß. Timing von Kristien Stewart so perfekt wie ihre Haare.
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Podcast

CD093 Akkutechnik in der Raumfahrt

 

 

Shownotes:

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Triebwerkstechnik Skysat Satelliten mit ADN

Batterien in der Raumfahrt

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Filmreviews

The Lighthouse, 2019 – ★★★★½

Ein vielschichtiges Gewebe aus antiker und moderner Mythologie, soziologischer und psychologischer Genderanalyse und grandiosem Sounddesign. Bin mir nicht sicher, ob sich da irgendwo noch eine kohärente Geschichte versteckt oder ob es sie überhaupt braucht. Vielleicht kann ein Film auch mal nur eine Collage sein.
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Allgemein

C&C003 What is it like to be a bat?

 

Frische Verwirrungen über Bewusstsein

Shownotes

Musik

Supernatural Radio A by Kevin MacLeod
Link: https://incompetech.filmmusic.io/song/4445-supernatural-radio-a
License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

 

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Filmreviews

Fight Club, 1999 – ½

Tut mir leid, aber das ist alles ganz großer Blödsinn.

Kann sein, dass das 1999 innovativ und gesellschaftskritisch war (bezweifle ich), aber jetzt ist es einfach das filmische Äquivalent zu einer Facebook-Kommentarspalte.

Ich halte den Autoren zu Gute, dass sie vielleicht tatsächlich toxische Männlichkeit in einer satirischen Brechung kritisieren wollten, aber ich glaube das funktioniert einfach nicht. Das Zielpublikum übersieht die satirische Brechung geflissentlich und macht sich die Figuren als Helden ihrer Bewegung zu eigen (siehe auch Joker und Walter White).

Am spannendsten finde ich bei dem Film, was er über Frauen aussagt…nämlich gar nichts. Frauen kommen in dem Film kaum vor und haben noch weniger zu tun. Frauen sind explizit aus dem Fight Club ausgeschlossen und der einzigen weiblichen Protagonistin passieren Dinger mehr als dass sie Dinge tut.
Diese Nichtaussage ist eine ziemlich frappierende Aussage: Frauen müssen weder aus der Konsumgesellschaft befreit werden, sie gehören auch nicht zu der Gruppe die die neue Gesellschaft gestalten soll. Der Film geht implizit davon aus, dass die Frauen sich einfach fügen werden. Und selbst wenn das Ziel des Films eine Kritik der toxischen Männlichkeit ist (was ich immer weniger glauben kann), macht er einen ziemlichen Scheißjob, wenn er die Agency von Frauen einfach vergisst. Von Non-Binary Personen ganz zu schweigen. Bobs Brüste bleiben immer ein Makel seiner Männlichkeit ohne jegliche Brechung.

Eine positive Sache: Die Szene in der Edward Norton sich selbst verprügelt ist eine ziemliche gute Charakterisierung der MRA Bewegung.

Zuerst veröffentlicht auf Letterboxd.

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Filmreviews

The Old Guard, 2020 – ★★★★

Bisschen der Plot von Jumper, aber in besser. An vielen Stellen meditativ und warmherzig. Hätte mir mehr vom Set-Design gewünscht

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Booknotes

Nach der Flut das Feuer – James Baldwin

Einleitung

Was folgt, sind meine Notizen zu Nach der Flut das Feuer (engl.: The Fire Next Time) von James Baldwin. Der dtv hatte das E-Book kostenlos zum Download angeboten (leider gibt es das Angebot nicht mehr). James Baldwin ist ein Autor, der mich immer sehr beeindruckt, wenn ich mit ihm in Kontakt komme. Bisher kenne ich I am Not Your Negro in der Film-Version von Raoul Peck und If Beale Street Could Talk in der Film-Version von Berry Jenkins. Jetzt habe ich die Gelegenheit genutzt, tatsächlich mal seine Worte direkt zu lesen (bzw. in der Übersetzung von Miriam Mandelkow).

Nach der Flute das Feuer besteht aus zwei Teilen. Einem Brief an seinen Neffen (der auch James heißt, sogar nach ihm benannt wurde) und ein Essay – einen „Brief aus einer Landschaft meines Geistes1S. 24 wie Baldwin es selbst beschreibt.

Mein Kerker bebteBrief an meinen Neffen zum hundertsten Jahrestag der Sklavenbefreiung

Im Brief an seinen Neffen James beschreibt Baldwin, wie die weißen Amerikaner das Land so designt haben, dass der schwarze Amerikaner in ihm zugrunde gehen muss.2S. 17 Nicht nur durch die Ghettoisierung in den Großstädten, sondern auch durch das Narrativ, was der Weiße über den Schwarzen erzählt. Der Vater seines Neffen sei an diesem Narrativ schon gestorben.3S. 17 Für Bladwin geschieht das aber nicht aus purer Bosheit, sondern weil der Weiße vom Schwarzen in gewisser Weise abhängig ist. Das Narrativ über den schwarzen US-Amerikaner sei für die weißen ein „Fixstern […] Jetzt, da er sich rührt, werden Himmel und Erde in ihren Grundfesten erschüttert.“4S.21 Der Neffe könne diesem verunsicherten Weißen nur mit Aktzeptanz und Liebe begegnen, solange dieser noch in der Geschichte und dem alten Narrativ verfangen sei.5S. 20

Hier zeigt sich meiner Meinung nach schon das zentrale Motiv des Buches: Die Beendigung des Rassismus ist nicht nur essenziell für die Zukunft der Schwarzen, sondern auch für die der Weißen. Und es ist die Aufgabe der Weißen in diesem Punkt auf das gleiche historische und intellektuelle Level wie die Schwarzen zu kommen. Die Gemeinschaft der Schwarzen kann und soll der Gemeinschaft der Weißen zwar mit Liebe und Akzeptanz entgegenkommen, aber nur die Weißen selbst können sich aus ihrem historischen Anachronismus befreien. Diese Idee baut James Baldwin im zweiten, längeren Teil des Buches aus.

Vor dem Kreuz – Brief aus einer Landschaft meines Geistes

Den „Brief aus einer Landschaft meines Geistes6S. 24 beginnt er mit seiner eigenen Biografie und seinem Verhältnis zur Religion. Er wird in jungen Jahren Prediger in seiner Gemeinde. Aber nicht aus tiefer Religiosität heraus, sondern weil die Alternativen zu Glauben nur Kriminalität, Alkoholismus und Drogenabhängigkeit gewesen wären, wie er bei seinen Peers mitansehen musste. Aus seiner eigenen Geschichte, wie er zum christlichen Glauben kam, entwickelt er seine Gedanken darüber, wie das Christentum den Schwarzen gegenüber steht. „Gott – und das spürte ich sogar damals, vor so langer Zeit, widerwillig auf diesem fürchterlichen Boden – ist weiß.7S. 33 Er trennt klar zwischen dem Schutz und Ansehen, dem ihm seine eigene Kirchengemeinde geboten hat und der christlichen Kirche an sich, deren Moral und Werte dazu genutzt werden, Schwarze zu unterdrücken. „Als der Weiße nach Afrika kam, hatte der Weiße die Bibel und der Afrikaner das Land, jetzt aber wird der Weiße widerwillig und gewaltsam vom Land getrennt, während der Afrikaner noch immer versucht, die Bibel zu verdauen oder auszukotzen.“8S. 42 Die Idee, dass das organisierte Christentum inherent die Unterdrückung der Schwarzen fördert ist wichtig für das Verständnis warum die USA, ein Staat der von christlichen Missionaren gegründet wurde, inherent rassistisch ist. „Ja, es bewirkt etwas – etwas Unaussprechliches –, in einem weißen Land geboren zu sein, in einem angloteutonischen, sexfeindlichen Land als Schwarzer geboren zu sein. Sehr bald und ohne es zu wissen gibt man alle Hoffnung auf Gemeinschaft auf.9S. 32

Im Vergleich zum Christentum ist für ihn der Islam eine Religion für Schwarze und er hat Verständnis dafür, warum sich viele seiner Peers dieser Religion zuwenden. Die Nation of Islam lud ihn selbst zu einem Essen ein, bei dem sie versuchten, ihn von ihrer Sache zu überzeugen. Doch obwohl er Verständnis für die Beweggründe und Ziele der Bewegung hat, ist er strikt gegen die Idee der Nation of Islam einen eigenen Staat für die afroamerikanische Bevölkerung zu Gründen. Er lehnt jede Trennung der sog. „Rassen“ ab: „Die Verherrlichung einer »Rasse« und folglich die Herabsetzung einer anderen – oder anderer – war schon immer ein Rezept für Mord und wird es immer sein.“10S. 68 Baldwin will die endgültige Befreiung der Schwarzen in den USA, aber nicht so. Denn – und hier kommt die Kernidee des Textes – „wer andere erniedrigt, erniedrigt sich selbst. Das ist keine mystische, sondern eine überaus realistische Feststellung, deren Beweis wir in den Augen jedes beliebigen Sheriffs von Alabama finden – und ich möchte Schwarze niemals in einem so erbärmlichen Zustand sehen.11S. 68

James Baldwin will die Unterscheidung von Menschen nach Hautfarbe überwinden. Dies sieht er aber nicht als Aufgabe der Schwarzen, sondern als die der Weißen. Die Weißen halten sich selbst zurück in dem sie in diesen Denkmustern verhaftet sind. Nur wenn sie sich davon lösen können, können sie ebenbürtig mit den Schwarzen eine gleiche Gesellschaft ohne Hautfarben-Unterscheidung bilden. „Der Preis für die Befreiung der Weißen ist die Befreiung der Schwarzen – die völlige Befreiung, in den Großstädten, in den Kleinstädten, vor dem Gesetz und im Kopf.12S. 78 Es ist also nicht damit getan, dass die Weißen einfach sagen, dass sie persönlich nicht mehr nach Hautfarbe unterscheiden würden (was eine beliebte Schutzbehauptung ist). Die politische Signifikanz der Hautfarbe muss so lange anerkannt werden, wie sie Realität in Gesellschaft, Justiz und Gesetzgebung ist.13S. 82

Und dieser Wandel muss so schnell wie möglich passieren, denn noch sind die meisten Schwarzen auf Versöhnung aus und nicht auf Rache. Aber wie Gott Noah in der Bibel sagt: „No more water, the fire next time!“14S. 84

Schlussbemerkung

Für mich ist James Baldwin einer der empathischten Autoren überhaupt. Er versucht jeden Standpunkt zu verstehen, ohne aber jemals seine eigene Sichtweise außer Acht zu lassen. Er versucht zu vermitteln – nicht nur zwischen weißen und schwarzen Menschen, sondern vor allem innerhalb der Gemeinschaft der Schwarzen, zwischen denen, die militanten Widerstand fordern und denen, die eine kooperative Lösung suchen.

Als weißer Leser nehme ich vor allem die Botschaft mit, dass die Lösung des Rassismus nicht eine Aufgabe der Schwarzen ist, weil sie ihn nicht (allein) lösen können. Erst wenn wir Weiße verstehen, dass wir in einer Gesellschaft voller struktureller Rassismen leben, sie anerkennen und aktiv ihnen entgegenwirken, können wir eines Tages wahrhaftig behaupten, dass wir keine Hautfarbe mehr sehen.

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Projekt Wandschauer

Projekt Wandschauer: Folge 5

Shownotes

Musik

Misty Lights by Rafael Krux
Link: https://filmmusic.io/song/5686-misty-lights-
License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

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Personal Knowledge Management

Fluten kanalisieren

Wie ich mein Wissen in geordnete Bahnen lenke.

Theorie

Eine Frage begleitet mich schon sehr lange: Wie kann ich die Informationen, die mich täglich erreichen kanalisieren und für mich optimal nutzbar machen?

Es ist kein Geheimnis, dass wir in einer Welt leben, in der auf uns wesentlich mehr Informationen niederprasseln, als wir je verarbeiten könnten. Und es sind auch noch größtenteils relevante und interessante Informationen: Tweets, Artikel, Podcasts, YouTube Videos, Bücher oder sogar ganze Online-Kurse, die auf den ersten (und oft auch den zweiten Blick) sehr spannend, unterhaltsam, aufregend oder informativ aussehen.
Ich kann zwar nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen, aber ich vermute vielen haben den Wunsch, so viel wie möglich aufzunehmen und irgendwie im eigenen Kopf abzuspeichern. Und die meisten Menschen machen nicht viel mehr als das. Sie erfassen das, was sie können und der Rest fließt ungenutzt den metaphorischen Fluss runter. Vielleicht kommt es irgendwann zu einem besseren Zeitpunkt vorbei, vielleicht auch nicht. Die nächste Stufe wäre eine der vielen Bookmarking- und Read-It-Later-Apps (Instapaper, Pocket, Pinboard etc.). Wenn ich die Metapher des Flusses noch ein wenig bemühe, wären das kleine Zisternen in denen man hin und wieder das abgeschöpfte Wissen hineingießt und bei Bedarf wieder rausnimmt.

Das ist für viele Leute ein perfektes System. Um eins klar zu stellen: In diesem Text geht es nicht darum, für ein bestimmtes Wissens-Management-System zu werben. Ich sage nicht, dass jemand was ändern soll, wenn man mit dem, was man tut, glücklich ist.
Ich will nur meinen eigenen Prozess im folgenden Text dokumentieren. Dieser Prozess entstand aus meiner eigenen Unzufriedenheit über mein bisheriges Personal Knowledge Management (PKM) System. Was ich beschreiben werde ist auch nicht das perfekte System, es ist ein Status Quo, den ich festhalten möchte. Vielleicht inspiriert es aber die ein oder andere auf dem Weg zum eigenen PKM-System.

Warum für mich das Zisternen-System nicht das richtige ist: Das Befüllen ist leicht, das Abschöpfen schwer, denn es ergeben sich drei Probleme:

  1. Wann hatte man schon die Zeit den Longread o.ä. zu lesen, und wäre es nicht viel verlockender in der Zeit durch Twitter zu scrollen, womöglich den nächsten Longread abzuspeichern?
  2. Wenn man es schafft den Longread zu lesen, was dann? Ich markiere ihn in meiner App als gelesen und er verschwindet in das Archiv. Im besten Fall hat man jetzt einen Fun Fact mehr, kann einen flotten Tweet raushauen. Wirklich merken konnte ich mir so das wenigste.
  3. Das Archiv der App ist nicht gut durchsuchbar. Es gibt zwar Apps, die Schlagworte oder Sammlungen ermöglichen, aber dann auch nur in der App. Das war mir schon alles zu wenig.

Nun gibt es auch im nächsten Schritt eine Fülle an Apps und Systemen, die dem geneigten PKM-Nerd die fortgeschrittene Wissenskanalisierung ermöglichen. Der Klassiker ist Niklas Luhmanns Zettelkasten. Wer wissen will, was das genau ist, findet hier mehr Informationen.
Ich bin der Meinung, dass ich in den Grundzügen verstanden habe, wie der Zettelkasten funktioniert und was seine Vorteile sind. Aber ich habe auch das Gefühl, dass es für viele in der PKM-Welt eine Art Superfood ist. Das Quinoa unter den Wissens-Management-Systemen: Alt, ein wenig mystisch, es werden ihm alle mögliche Wirkungen zu gesprochen, von denen wahrscheinlich nur ein Bruchteil stimmt und es ist vielleicht nicht das Allheilmittel, was man sich erhofft hatte. Ich für meinen Teil kann leider nur wenig mit dem Zettelkasten-System anfangen.
Ein anderes System, was sich immer mehr Beliebtheit erfreut und was ich auch schon selbst ausprobiert habe, ist die PARA-Methode von Tiago Forte (Kleine Tangente an dieser Stelle: Tiago ist für mich sowas wie ein Ersatz Elon Musk auf Twitter: Er ist ein etwas exzentrischer Denker, twittert sehr viel und meinungsstark, ist aber – soweit ich das erkennen kann – kein abgehobener Egoist mit Tendenzen zum rechten Spektrum.)
Aber ich hatte auch hier das gleich Problem, welches ich auch schon beim Zettelkasten hatte: Ich finde es wenig hilfreich ein vorgefertigtes System zu implementieren. Der wichtigste Aspekt, den ich aus den verschiedenen Versuchen mitgenommen habe, ist, dass es am meisten hilft, wenn man sich sein eigenes System baut. Natürlich helfen die schon bestehende Systeme als Inspiration, aber für mich ist es der beste Weg mir was auf meine eigene Denkweise maß geschnittenes auf zu bauen.

Dieser Prozess, das eigene System aufzubauen und zu verfeinern, wurde vor kurzem nochmals besonders durch die Idee des sog. digitalen Gartens angeregt. Von ihr leite ich auch mein Bild der Wissenskanäle ab. Im digitalen Garten werden Ideen ausgesät, sie können wachsen und irgendwann kann man die Früchte ernten. Eine kontinuierliche Bewässerung ist Grundvoraussetzung. Am besten man gräbt gleich Kanäle, damit das Wasser von selbst an die richtige Stelle kommt. Einen digitalen Garten muss man pflegen: Unkraut jäten, Pflanzen zurückschneiden und verdorrte rausreißen. Doch nur, weil ein Busch kaputtgeht und man ihn entsorgen muss, ist nicht der ganze Garten kaputt. Er wächst im wahrsten Sinne organisch.
Mich spricht das Bild besonders an, weil es auch eine Idee von Gemeinschaft beinhaltet. Ich verstehe meinen digitalen Garten als Teil einer Gartenkolonie (ohne Spießbürgertum, ein wenig Utopie erlaube ich mir), bei dem andere Gärtner vorbeikommen, man Gegenseitig die Beete begutachtet und sich austauscht.

Praxis

Ich möchte das Bild des digitalen Gartens nicht überdehnen. Ich könnte zwar noch von digitalen Bienen und der Cyber-Photosynthese schreiben, aber das werde ich nicht tun. 😉
In der Realität sieht es so aus: Die Basis bildet Notion. Den Service, für die, die ihn noch nicht kennen, kann man sich als fancy Notiz-App vorstellen. Neben einfachen Text-Notizen kann man auch Datenbanken anlegen und mit Vorlagen arbeiten.
Ich benutze aktuell als Noch-Student die Pro-Version kostenlos, aber vor kurzem hat Notion auch einen recht umfangreichen Free-Plan für alle Nutzer*innen eingerichtet. Die Pro-Version ist mit 4 €/Monat auch noch recht bezahlbar.

Die Zisterne bildet in Notion eine Datenbank, in den alle Links kommen, die ich mir merken will. Die Funktionalität ist sehr ähnlich zu gängigen Services wie Pocket oder Instapaper. Anders als bei den anderen Apps kann ich mir hier aber nach Bedarf eigene Parameter einrichten und aus diesen dann voreingestellte Ansichten ableiten.

Ungefähr einmal am Tag gehe ich alle neuen Links durch, verschlagworte sie und stelle andere Parameter ein. Die meisten Schlagworte beziehen sich auf ein Thema. Zum Beispiel alles, was mit Personal Knowledge Mangement zu tun hat, bekommt das Tag „PKM“. In der Notion-Datenbank kann ich mir dann bestimmte Ansicht einrichten, die mir nur die Links mit diesem Schlagwort anzeigen.

Alle Links mit „PKM“ Schlagwort
Vorgaben für die PKM-Ansicht
Einstellung welche Parameter ich bei der Ansicht sehen möchte. Google Maps ist zum Beispiel nur für Links bei denen es um Ort geht. Das ist für die PKM-Ansicht nicht relevant.

Es gibt auch Schlagworte, die sich nicht auf ein bestimmtes Thema beziehen. So bekommen alle Bücher, egal zu welchem Thema, das Schlagwort „Buch“. In der Buchansicht sind diese Links nicht in einer Liste geordnet, sondern in einem Board.

Nach Bedarf kann ich mir weitere Parameter und Views ausdenken. In diesem System bin ich tausendmal flexibler als mit irgendeiner App.
Ich habe mich bewusst gegen einen Parameter „gelesen“ entschieden, wie es die meisten Read-It-Later-Apps vorgeben, weil nicht alles was ich abspeichere, gelesen wird oder überhaupt ein Text ist.
Aber selbst wenn es sich um Artikel handelt, will ich sie vielleicht nicht sofort lesen, sondern nur für ein zukünftiges Projekt archivieren. Zum Beispiel habe ich einen View „Covid-19“, in dem ich alles abspeichere, was mit Corona zu tun hat. Vieles davon habe ich auch gelesen, aber manches speichere ich auch erstmal auf Verdacht ab, weil ich das Gefühl habe, das es mal in der Nachschau interessant werden könnte, wenn ich einen größeren Kontext habe.

Das „archiviert“ Parameter zeigt mir an, dass der Link korrekt verschlagwortet wurde, um ihn später an der richtigen Stelle wiederzufinden, nicht unbedingt aber, dass ich den Inhalt schon eingehend erfasst habe.

Die Ansicht „Unarchiviert“ ist also meine tägliche To-Do-Liste mit Artikeln, die noch einsortiert werden müssen. Oft lese ich sie in diesem Schritt auch, aber nicht immer.

Dafür verwende ich eher den „exzerpiert“ Parameter. Für mich ist Exzerpieren das eigentliche Lesen. Es ist sehr zeitaufwendig, führt aber dazu, dass die Informationen, die ich daraus gezogen habe, nachhaltig abgespeichert wurden. Wenn also die Link-Datenbank eine Zisterne ist, dann sind Exzerpte für mich sowas wie die Aussaat. Jede Notiz, die ich dazu anlege, ist wie ein kleines Beet, in dem ich die Ideen heranreifen lasse. Viele Exzerpt-Notizen sammeln über kurz oder lang Notizen zu mehreren Texten. Meine Exzerpt-Datenbank ist also ein Gewächshaus, in dem ich meine Gedanken heranzüchte.

Wie man sieht, kann ich in der Exzerpt-Datenbank direkt auf Einträge in meiner Link-Datenbank verweisen (und umgekehrt). Der Weg, wie meine Ideen entstanden sind, bleibt also immer klar und ich kann im Nachhinein alles korrekt zitieren und meine Quellen angeben. Diese Exzerpt-Notizen könnte ich direkt veröffentlichen, aber ich kann sie auch weiterverarbeiten, zum Beispiel als Tweet-Thread, Blog-Artikel (wie ich es grade hier tue), als Podcast oder in etwas, was ich mir jetzt noch gar nicht vorstellen kann. Mir geht es nicht nur darum, dass sich mein Wissen auf einer Plattform bündelt, sondern dass die Wege immer klar sind; dass alles korrekt miteinander verbunden ist. Denn es ist ja keine Einbahnstraße, genauso wenig wie der Weg in einem Garten immer von der Erde bis zur Frucht ist. Die Überreste der Pflanze fallen auf den Boden und düngen damit den nächsten Baum (OK, ich habe das Bild ausgereizt glaube ich 😄).

Was ich hier beschrieben habe ist weder perfekt noch final noch unveränderlich (Hier habe ich mein System zum Beispiel schon mal in einem Podcast besprochen und es sah damals noch komplett anders aus).
Wie bereits erwähnt bin ich auf die Idee des digitalen Gartens erst vor kurzem gestoßen. Ich wollte aber das, was ich mir bisher aufgebaut habe, festhalten. Vor allem um es mir selbst auch klar zu machen. Viele Prozesse sind mir erst im Verlauf des Schreibens klar geworden. Und das Schwierigste für mich bei solchen Systemen ist, dranzubleiben. Die Versuchung nach einer Zeit alles umzustoßen und neu anzufangen ist groß, grade, wenn ich das Gefühl habe, es ist nicht perfekt. Aber das Bild des digitalen Gartens hilft mir hoffentlich dabei, diesen Perfektionismus loszuwerden und die Sachen einfach mal wachsen zu lassen.

Schlussbemerkung

Für viele scheint der Umgang mit der Informationsflut eine Belastung zu sein. Für mich ist es das explizit nicht. Ich verstehe mich als Knowledge Hobbyist. Im Umkehrschluss möchte ich auch nochmal betonen, dass niemand so ein System unbedingt braucht. Mir macht es Spaß mein eigenes System zu verfeinern, aber mir ist auch klar, dass es viele Menschen gibt, die sowas nicht brauchen. Ich stelle das hier klar, weil ich viele Texte gelesen habe, bei denen der Zwang immer mitschwang. Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, dass man sowas für ein erfülltes Leben braucht. Mir hilft es, weil ich schon immer den Wunsch hatte, so viel wie möglich zu wissen. Ich hoffe aber zumindest, dass die ein oder andere Leser:in ein wenig aus diesem Text mitnehmen konnte. Falls ihr Feedback habt oder erzählen wollte, wie euer System aussieht: Schreibt’s in die Kommentare.

Ich wünsche euch frohe Gartenarbeit! 🌱

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Projekt Wandschauer

Projekt Wandschauer: Folge 4

Shownotes

Musik

Misty Lights by Rafael Krux
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License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/